Eine Podiumsdiskussion im Rahmen der Mediapractice 2018 lud ein, über das Verdienen nachzudenken. Geladen waren Björn Portillo, Vorstand hmmh Medienhaus, Friedhelm Behrens, Leiter der Presseabteilung der swb AG, Gerhild Hustädt, ver.di- Vertreterin, Sophie Stuve, Volontärin bei DENKBAR PR und ich, Anja Rose, Texterin. Wir alle berichteten von unseren Erfahrungen rund um das Thema, aus Sicht einer Agentur, als Auftraggeber, Arbeitnehmervertreterin und Freiberufliche. Sophie lag eine Botschaft an die Studierenden dabei besonders am Herzen.
Vor etwa zwei Monaten schloss Sophie ihren Master an der Universität Bremen ab und startete an den Arbeitsmarkt. Ihre erste Erfahrung: niederschmetternd. Sie berichtet von ihrem desillusionierenden Bewerbungsgespräch und ist entrüstet: 1.700€ brutto für 40 Stunden Arbeit als Akademikerin mit Praxis- und Auslandserfahrung – das ist wenig. Leben könne man davon jedenfalls nicht. „Lasst euch das nicht gefallen!“, ruft Sophie den Studierenden zu – und die meisten nicken zustimmend. Sie hat Recht.
Jeder wird Sophies Unmut verstehen. Und jeder wird Berufseinsteigende darin bestärken, sich ihres Wertes bewusst zu sein. Und doch gibt es drei Dinge, die auch wahr sind: 1. Die Welt hat nicht auf dich gewartet. 2. Es gibt Tausende, die genauso gut oder gar besser sind als du. Und 3. – und das ist das Entscheidende! – Das ist beides scheißegal!
Denn das, worum es tatsächlich gehen sollte, im Berufs- wie im Privatleben, ist Wertschätzung. Für das, was wir sind, für das, was wir können, für das, was wir leisten. Und diese Wertschätzung beginnt bei uns selbst. Die Kernfrage nämlich ist: Was ist mir wichtig? In diesem Moment. Jetzt und hier. Oder anders formuliert: Was habe ich verdient?
Was erwarte ich von meiner Arbeit? Auch wenn es meist um den monetären Verdienst geht: Geld allein ist nicht die Wertschätzung, die wir zum Leben und Glück brauchen. Das Verdienen hat viele Facetten. Neben einer angemessenen Bezahlung von Leistung spielen auch andere Werte eine wichtige Rolle. Ist es eine Erfahrung, die ich machen möchte? Freiheit, die ich brauche? Sicherheit? Oder ja, jetzt und hier einfach nur Geld, um einigermaßen über die Runden zu kommen?
Wir arbeiten aus vielen Gründen. Jeder von uns hat seinen ganz persönlichen Antrieb. Nicht immer ist er heroisch, manchmal sogar banal. Man kann für viele Dinge brennen, für Inhalte, Gerechtigkeit oder die Karriere. Egal, welcher Grund uns antreibt, solange es der eigene ist, ist er richtig. Oder wie Gerbrand Bakker[1] schreibt: „(…), ich bin nun mal Schriftsteller, und das ist ein Handwerk, Job, Beruf; eine Arbeit, der ich jetzt nachgehe. Ich tue, was ich bin, ich bin, was ich tue, hier (…) bin ich deckungsgleich mit mir selbst.“
„Das Gehalt ist am Ende nicht das Entscheidende“, erzählt Björn Portillo. Faktoren wie Sinn, Sicherheit oder die Vereinbarkeit von Beruf und Familie spielen bei der Jobwahl ebenfalls eine große Rolle. Friedhelm Behrens und Gerhild Hustädt nicken – sie haben ähnliche Erfahrung gemacht. Weil Geld natürlich zwar wichtig, aber nicht alles ist im Arbeitsleben. Weil Arbeiten auch Leben ist und sich Arbeit und Leben nicht immer so klar trennen lassen, wie uns der Begriff „Work-Live-Balance“ vielleicht glauben lassen möchte. Weil wir mehr verdienen als einen Gehaltsscheck.
Drum möchte ich Sophie und allen anderen noch etwas anderes zurufen: Tut, wofür ihr brennt! Schaut genau hin, was euch antreibt. Denn Leidenschaft ist, was euch durchs Leben trägt. Verkauft euch nicht! Fordert Wertschätzung für das, was ihr seid und steht ein für das, was euch wichtig ist.
[1] Gerbrand Bakker, Jasper und sein Knecht, Suhrkamp 2016