Auch wenn es den Untermietern in der Werkstatt 212 nicht um Kommerz, sondern um Kultur und die Kommunikation geht, unterm Strich muss genug zum Leben übrig bleiben. „Wir haben Gäste, die zahlen mal einen Euro mehr und welche, die zahlen weniger“, sagt Fiona Brinker, die früher mit dem Veranstaltungslabel „Bluedrop“ Veranstaltungen geplant hat. Es ginge ja um kleine Summen, das könne einer wieder ausgleichen. Bisher geht das Konzept für die beiden auf: Sie erwirtschaften den Wareneinsatz und haben auch genug Geld zum Leben übrig. Und wenn es nicht funktioniert? „Eigentlich wäre es logisch dann Preise zu nehmen“, sagt der 28-jährige Christian Brinker. Doch einen Wechsel wollen die beiden nicht, für sie hat sich das Zahl-was-du-willst-Prinzip bewährt. „Es ist eine schöne Freiheit“, sagt Fiona Brinker.
Pay what you want! Zahl was du willst! Als Käufer die Kontrolle zu haben, den Preis selbst festzulegen, fühlt sich irgendwie ungewohnt an. Im Alltag begegnet einem dieses Preismodell eher selten, obwohl es eigentlich schon seit ein paar Jahren immer mal wieder ausprobiert wird. Es gibt unter anderem Gastronomiebetriebe, Hotels, Zoos oder Museen und sogar Großkonzerne, die ihren Kunden beim Preis die freie Wahl lassen. Radiohead ist vielleicht das prominenteste Beispiel. Im Jahr 2007 bot die britische Rockband den Fans an, den Preis für den Download ihres Albums „In Rainbows“ selbst zu bestimmen – und war damit außerordentlich erfolgreich. Noch vor Erscheinen des physischen Tonträgers hatte Radiohead mehr eingenommen als mit dem gesamten Verkauf ihres vorherigen Albums.
Auch das Tonstudio und Grafikdesignbüro Die Klangstube in der Bremer Überseestadt wollte keine festen Preise für ihre Arbeit nehmen, sondern ihr Unternehmen mit einem solidarischen Konzept betreiben. „Weil wir der Meinung sind, es ist egal wie viel jemand verdient, er soll ein Recht darauf haben, gute Musik aufzunehmen – und gutes Design zu bekommen“, sagt Jessica Holling, die Die Klangstube zusammen mit Sebastian Klann aufgebaut hat.
Das Bremer Start-up-Unternehmen Yummy Organics vertreibt fair gehandelte Gewürze über das Internet – und lässt dabei auch die Kunden den Preis bestimmen. Inhaberin Laura Brand tritt mit ihren Kunden in einen Dialog über den Preis. „Du hast es in der Hand. Wie viel ist dir ein fair produziertes Gewürz wert? Bei uns bestimmst DU den Preis“ ist als Erstes auf der Internetseite zu lesen. Hat sich ein Kunde für ein Produkt entschieden, kann er über einen farbig hinterlegten Schieberegler entscheiden, welchen Preis er für dieses Produkt zahlen möchte. Und er wird durch Infografiken und Bilder über die Auswirkungen seiner Entscheidungen informiert. „Klar, jeder liebt Geschenke – aber bist du dir auch über die Konsequenzen deiner Entscheidung bewusst?