Blöd nur, dass sich der Lebensunterhalt nicht mit Leidenschaft bezahlen lässt. Meinem Vermieter jedenfalls ist es herzlich egal, ob ich die Miete mit Spaß verdiene oder bloß stumpf dafür geschuftet habe. Hauptsache der Rubel rollt. Sehen wir den Tatsachen ins Gesicht: Auch wir Kreativen müssen Rechnungen bezahlen – und ebensolche schreiben. Mag das noch so uncool, wenig sinnlich oder Mainstream sein. Wir arbeiten, um zu leben – und letzteres kostet Geld.
„Uns interessiert nicht so dieses klassische Unternehmertum, die Markenbildung, sondern das Schöpferische. Wir wollen kreativ arbeiten.“ Sagt Kurt Zalto. Zalto entwarf Weingläser, die Weingenießer weltweit für unübertroffen halten. Unternehmerischer Welterfolg war ihm damit nur zeitweise gegeben. Das Tun als solches scheint ihm wichtiger zu sein. Das Schöpferische.[1] Die kreativ Arbeitenden unter uns wissen um diesen Anspruch. Um dieses Gefühl. Gerade im Bereich der Kreativbranche finden sich jene, die für ihr Tun brennen. Die über Grenzen gehen – meist ihre eigenen –, alles um sich herum vergessen. Der schöpferische Geist denkt nicht ans Finanzamt, Mehrwertsteuer oder die Nebenkostenabrechnung. Fantasie entsteht außerhalb dieses gesellschaftlichen Korsetts. Innovation braucht Freiheit. Gedankliche, formelle, philosophische.
So. Kommen wir mal wieder zurück in die Realität und schauen, mit den Füßen auf dem Teppich und dem Hintern im Bürostuhl, auf Sein und Soll. Kreative wollen wir sein, bezahlt werden soll. Und zwar unsere Leistung, unser Können. Denn, ja, auch ein „fancy Job“ verdient eine Bezahlung. Das ist nämlich nicht etwas so, dass Kreativität keiner Anstrengung bedarf. Oh doch. Und es braucht sogar eine Ausbildung, in die wir vorher investiert haben. Neben Lebenszeit vor allem Geld. Und wenn die Leute glauben, schreiben kann jeder – na, warum bitte wird dann so vieles nicht gelesen? Und jetzt sagen Sie nicht, das liegt am Medium und die Graphikerin wäre schuld, weil sie für die Website nicht Ihre Lieblingsfarbe gewählt hat und der Programmierer das mit dem Verlinken nicht hinkriegt. Mal ehrlich, für die Reise auf die Kanaren setzen Sie sich auch nicht selber ins Cockpit, obwohl sie theoretisch wissen, wie Fliegen geht.
T ́schuldigung. Aber das mit dem Geld verdienen ist für uns Kreative einfach nicht so leicht. Weil, wir machen das ja auch immer alles so gerne! Fast jedenfalls. Und da fühlt es sich irgendwie komisch an, wenn man dann dem Kunden sagt: So, ich hatte zwar Spaß, konnte mich selbst verwirklichen und leicht gefallen ist mir das obendrein, weil ich ja quasi kaum was anderes mache – aber das kostet dich jetzt dreieinhalbtausend Euro.“ Netto. Unangenehm! Hätte ich stattdessen die ganze Woche ein Unternehmen in seinen Organisationsentwicklungsprozessen beraten oder eine Fußballmannschaft zum WM-Titel geführt, dann wäre das irgendwie einfacher. Denn das leuchtet ja jedem gleich ein, dass man dafür eine ordentliche Qualifikation mitbringen muss und es außerdem echt anstrengend ist.
Aber ich verrate Ihnen etwas: Bei aller Leichtigkeit, kreative Arbeit ist Arbeit wie alles andere auch. Ehrlich. Und sie kostet Anstrengung, Nerven, hier und da eine Fortbildung. Sinnhaftigkeit und Wertschätzung sind ein wunderbarer Lohn und vielleicht ein Mehrwert, der vielen anderen Tätigkeiten nicht vergönnt sein mag. Aber gegen den Glauben vieler lässt sich Kreativität durchaus in Arbeitsstunden messen. Und die kann man monetär beziffern. Und mit einem angemessen Stundensatz vergüten. Den haben wir uns nämlich wirklich verdient!
[1] http://www.zeit.de/2018/13/kurt-zalto-weinglaeser-glasmanufaktur