Das Gespräch über Geld ist in unserer Gesellschaft ein ziemliches Tabuthema – auch in der Medienbranche wird nicht offen darüber gesprochen, wer was für seine Arbeit bekommt. Obwohl das besonders vielen Berufseinsteigern das Leben leichter machen würde und auch später für eine gerechtere Verteilung sorgen würde. So hatte der Klub Dialog Abend, der im Rahmen der “Mediapractice” an der Universität (Bremen) stattfand, das Ziel, dem Ganzen ein bisschen näher zu kommen, Gehalt und Gehaltsverhandlungen für eine Diskussion zu öffnen.
Den Anfang machte Moderatorin Nicole Kahrs, die Menschen auf dem “Weg vom Beruf zur Berufung” begleitet, mit Marco Höhn, der dann auch direkt auspacken durfte, was man als Fachbereichsleiter so verdient…und er konnte auch prompt antworten.
Mit dem ersten Gast bat Nicole Kahrs kam Anja Rose auf die Bühne. Sie ist heute freiberufliche Texterin bei “wortgewand”. Beim Berufseinstieg war sie orientierungslos. Welchen Stundenlohn sie als Selbstständige für ihre kreative Arbeit wohl nehmen könnte? Also rechnete sie aus, was sie nehmen müsste, um ihr Leben so zu führen, wie sie sich das vorstellte – und musste sich überlegen, ob sie das alles wirklich bräuchte. Denn soviel würde wohl niemand für ihre Texte zahlen.
Mit Björn Portillo als nächstem Gast wurde die Diskussion um eine neue Dimension ergänzt. Denn als Vorstand von bremen digitalmedia, dem hmmh Mediahaus und Mitglied des Beirates Medienpraxis war er in der Lage, das Problem von der anderen Seite zu betrachten. Doch ebenso wie Friedhelm Behrens, dem Leiter der Presseabteilung der swb, fiel es ihm schwer, klar zu formulieren, wie Gehaltsvorstellungen zustande kommen und wie man sich als Bewerber am besten in der Gehaltsverhandlung schlägt. Auf die Nachfrage, was beim Bewerbungsgespräch dann wirklich zählt, folgten dann einige Tipps, die sich sicher viele von uns Studenten gut gemerkt haben: Augenkontakt halten und sicher auftreten!
Zum Wert der kreativen Arbeit, um den es ja in der Ankündigung zum Abend ging, wurde zwar nicht viel Konkretes gesagt, jedoch wurde angedeutet, dass sich der Wert nicht nur über das Produkt selbst definiert, sondern natürlich auch über den Workload, den er dem Auftraggeber abnimmt.
Gerhild Hustädt, Mitglied im Bundesfachgruppenvorstand Medien bei ver.di, bekräftigte den Wert, den investierte Zeit hat – und dass man sich als Kreativer bewusst sein muss, wie viel man verdienen muss. Eine grobe Vorstellung davon hatte auch Sophie Stuve nach ihrem Studium. Sie absolvierte den Master Medienkultur in Bremen und hat während des Studiums so viel Praxiserfahrung wie möglich gesammelt – und trotzdem war ihre erste Gehaltsverhandlung wie ein kleiner Schlag ins Gesicht. Als sie dann die ersten Zahlen in der Runde nannte, ging ein Applaus durchs Publikum. Auf ein bisschen Klartext hatten wohl alle gehofft. Und gleichzeitig hörte man einige Zuhörer schmunzeln, andere – wohl hauptsächlich die Studierenden – blickten geschockt nach vorne. Kann ich nach einem abgeschlossenen, zielstrebigen Studium wirklich nur mit 1700€ monatlich rechnen? Schnell wurde dann zwar klar, dass das absolut unangemessen war, jedoch öffnete es auch die Augen: Man sollte sich nicht unter dem Wert verkaufen, den man für sich definiert hat und auch für diese Vorstellungen in der Gehaltsverhandlung “kämpfen”.
Auch wenn die Diskussion vielleicht nicht so konkret und offen war, wie man es sich im Vorfeld gewünscht hätte, hat sie doch zahlreiche Anschlussdiskussionen angestoßen. Der anschließende Workshop mit “simulierten Gehaltsverhandlungen” kam jedenfalls gut bei den Studierenden an. Zwar kann man von einem solchen gesellschaftlichen Tabu-Thema wie “Geld” nicht erwarten, dass es in einer Diskussion gebrochen wird, aber ein Schritt in die richtige Richtung war es allemal!