Dezember. Weihnachten. Duftende Kekse, Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt mit rot gefrorenem Näschen, Kerzenschein, besinnliche Lieder und Geschenke unterm glitzernden Weihnachtsbaum … Setting ist klar? Fein. Los geht’s.
Kisten aus dem Keller holen, Deko sortieren, Adventskalender aufhängen, vierundzwanzig Päckchen packen, noch einen für die Freundin in Berlin basteln, ab zur Post damit, in die Stadt, Kerzen kaufen, jetzt in den Buchladen, Socken für den Bruder?, gibt’s nebenan, die Mutter hat sich dieses Dingens da gewünscht, das gab’s wo gleich noch?, in dem Weihnachtsmarktbüdchen, gleich neben dem Dom, richtig, ist aber auch wieder, Touristen busladungsweise, aber muss ja, Nikolaus!, fast vergessen, auf dem Weg lässt sich noch flux und so, kurzer Blick auf die To-do-Liste, Bastelutensilien, der Goldglitzerstift war ja letztes Jahr schon so gut wie, und zweihundert Gramm gemahlene Mandeln, Eier?, sind noch genug, okay. Zwischendrin entfleucht ein kurzer Stoßseufzer. Hach, genussvolle Weihnachtszeit!
Ganz ehrlich? Ich mag’s nicht. Nein, nicht die Weihnachtszeit. Dieses Gerenne. Das macht mich total unwirsch. Ich mein, klar, selber schuld! Alternativ lässt sich ja auch ganz bequem bei Tee und Gebäck alles in den Warenkorb speichern, und mit einem kurzen Klick auf den „Bestell“-Button kommt es dann wohl portioniert und, wenn gewünscht, schon verpackt an die Haustür – sollen doch andere rennen! Genau.
Ich hab mal spaßeshalber nachgeschaut: Das Verb „genießen“ bedeutet, und das finde ich nun doch höchst interessant, ursprünglich „ergreifen, fangen“. Siehste, da haben wir’s, ist also gar nicht so weit weg vom heutigen Gerenne und war quasi schon immer so. Kein Genuss ohne ein Muss. Oder so. Wussten die zur Zeit des Mittelhochdeutschen schon. Aber wenn man das Wort mal auf der Zunge zergehen lässt – geniiiiiiieeeeßen … gemerkt? Das ist doch wunderbar! Da ist die Entschleunigung schon drin. Das braucht Zeit. Nimmt man hingegen das Substantiv in den Mund, wird deutlich: Der Genuss braucht einen gewissen Schwung und ist manchmal schwer zu knacken.
Womit wir wieder bei Weihnachten wären und uns doch bitte lieber wieder dem Verb zuwenden. Und der Muße, die es braucht. Es bedeutet ja nicht nur – siehe oben – „fangen“, sondern eben auch „ergreifen“. Da ist sicher die Zeit gemeint, die wir uns nehmen sollten und vor allem auch, ja, wirklich, nehmen können. Genießen wir also die Entschleunigung, die so viel mehr zur Besinnlichkeit passt. Und die doch auch so untrennbar mit dieser Jahreszeit verbunden ist, oder? Der Sommer ist vorbei, die Gartenmöbel verräumt, der Regen fällt leise, der Wind pfeift um die Ecken, Zuhause ist es am gemütlichsten und die Welt, mit ihrem hektischen Geblinke und Konsumrauschgebrüll, kann einfach mal draußen bleiben.