Angefangen hat alles beim Zahnarzttermin meiner Tochter. Wer hätte das gedacht? Vier ihrer Backenzähne sind demineralisiert und gänzlich ohne Zahnschmelz gewachsen. Die Zähne sind von Natur aus komplett schutzlos und so empfindlich, dass man sie zum gegebenen Zeitpunkt, wenn das Gebiss soweit ist, ziehen muss! Woher das neue Krankheitsbild kommt, weiß man noch nicht genau. Ein Verdacht ist allerdings, dass es mit Plastik zu tun haben könnte. – BÄM! – Und so ging das los. Da war es: Das Wort mit P: Plastik. Echt jetzt?
Meine anfängliche Skepsis ist nach dem Film »Plastic Planet« und darauf folgenden unzähligen Internetrecherchen mittlerweile verflogen. Ich bin mittendrin im achtsamen Umgang mit Ressourcen und versuche – beruflich und privat – so gut es geht auf Plastik zu verzichten und generell Müll zu vermeiden. Auf Instagram teile ich meine Ideen dazu über @ewigunddreitage.
Nachhaltig einzukaufen bedeutet für mich, möglichst verpackungsarm einzukaufen. Ich kaufe so viel wie möglich im Unverpacktladen ein, wovon es in Bremen glücklicherweise drei gibt. Aber auch im normalen Supermarkt findet man einiges verpackungsarm oder im Glas, wenn man danach Ausschau hält.
Erfreulicherweise bringt diese Einstellung einen sehr ästhetischen und unglaublich schlichten Lebensstil mit sich, was mein Designerinnenherz höher schlagen lässt. Quietschbunte, vollgedruckte Spülmittelflaschen, Handseifenspender, Müsli- und andere Verpackungen sind in den meisten Fällen nicht dafür gestaltet, unser Zuhause zu verschönern, sondern, um im Supermarkt unsere Aufmerksamkeit zu erregen, damit wir sie, neben den vielen anderen Produkten, im Regal wahrnehmen! Ich kenne keine einzige »schöne« Spülmittelflasche aus dem Supermarkt.
Wohingegen ein Stück Seife oder auch Spülmittel, das direkt in Glas abgefüllt wird, sofort gut aussieht! Unverpackt gekaufte Lebensmittel in Glasbehältern aufzubewahren ist für mich Ästhetik pur.
Ich verdiene mein Geld als Kommunikationsdesignerin und arbeite unter anderem an Printprodukten und Marketingmaterialien. Im vergangenen Jahr habe ich mich vermehrt mit der Nachhaltigkeit dieser Produkte beschäftigt und darüber nachgedacht, wie man diese so wertig entwickeln kann, ohne dass sie als Grafikwerbemüll gleich wieder in der Tonne landen. Wie schafft man es, dass Drucksachen Menschen länger begleiten und ihnen über einen größeren Zeitraum von Nutzen sind?
Die Auflagenhöhe ist zum Beispiel eine entscheidende Stellschraube, um Printprodukte, wie Flyer, Broschüren oder Visitenkarten mit einem maximalen sozio-ökonomischen Wert zu erzeugen. Lieber weniger, dafür hochwertiger! Die Reduzierung der Stückzahl wirkt dem Wegwerfcharakter entgegen und steigert deren Wert.
Ein weiterer Aspekt ist ein Zusatznutzen, also mehr als eine Form der Verwendung. Das beeinflusst den ökologischen Aspekt von Produkten allgemein positiv und wirkt sich ebenfalls wertsteigernd aus. Zum Beispiel kann ein ausklappbarer Flyer auf der einen Seite Texte, Bilder und Informationen enthalten und gleichzeitig auf der Rückseite als Plakat funktionieren. Das macht das Druckprodukt interessanter und ist gleichzeitig ressourcenschonender, als zwei Produkte produzieren zu lassen. Ich habe auch schon eine Imagebroschüre entwickelt, die gleichzeitig als Notizbuch funktionierte. Man kann Flyer auch als Lesezeichen gestalten, ein Kalender aus Postkarten entwerfen usw.
Aus diesen Überlegungen heraus ist das Format »recycling graphics« entstanden. Das sind kleine Dinge und Geschenke, die aus recycelten, grafischen Drucksachen und Papieren aus meinem Büro zu neuen Produkten weiterentwickelt werden. Ich hatte mich zum Beispiel bei der Auflage meiner Weihnachtsaktionen aus den letzten Jahren immer relativ weit aus dem Fenster gelehnt und dementsprechend noch einige über. Blöd bei Papieren und Karten, auf denen die Jahreszahl mit drauf gedruckt war. Da musste dringend ein Zusatznutzen her und so entstanden daraus Notizhefte und Stern-Konfetti. Und damit nicht genug. Bei mir im Büro fliegen – von Berufs wegen – so viele verschiedene Papiere und hochwertige Papierabfälle rum, die für die Tonne viel zu schade wären!
Auch wenn ich einen Auftrag beendet habe und dabei viel Papier angefallen ist, bekommt der Kunde hinterher zum Abschluss eine Tüte Konfetti aus eben diesen Papierresten geschenkt. So gibt es atmosphärisch noch einen schönen Moment zum Feiern und die Papierreste kommen nochmal zum Einsatz in hochwertigerer Form.
Zuhause mache ich das Gleiche mit alten Zeitschriften. Damit bastele ich alles Mögliche: Geschenkpapier, Girlanden, Konfetti, Dekobuchstaben für Geburtstage. Manchmal bedrucke ich Seiten, die mir von der Farbe oder vom Bild her gefallen mit dem normalen Bürodrucker. Da kommen überraschende Sachen heraus, die einen künstlerischen Touch haben und gleichzeitig nachhaltig sind, weil kein neues Papier dafür verwendet wird.
Beim Thema »Schenken« mag ich einerseits die Magie, die Überraschung, das Geben, dem anderen eine Freude zu machen und die Atmosphäre, die dabei entsteht. Andererseits sträube ich mich gegen das Kaufen, um des Kaufens willen, vor allem wenn ich mir nicht sicher bin, ob mein Geschenk später genutzt wird oder schlimmstenfalls irgendwo im Regal verstaubt. Ich habe selbst so viel Zeug und bin eher dabei zu entrümpeln, als anzuhäufen. Mein Motto, das ich beruflich hoch hänge, hat an dieser Stelle auch privat Relevanz: Weniger, dafür hochwertiger!
Ich verschenke sehr gerne Selbstgemachtes, das vom Beschenkten dann verbraucht wird. Das kann etwas aus der Küche sein, aber auch selbstgemachte Kosmetik, wie zum Beispiel eine Handcreme, ein Peeling oder einen Lipbalm. Auch dazu gibt es im Netz eine Menge Rezepte zu finden.
Am meisten freue ich mich selbst über geschenkte Zeit mit Menschen, die mir am Herzen liegen. Zeit statt Zeug! Das sind mir die liebsten Geschenke! Eine Freundin hat mir zum Beispiel eine Konzertkarte einer Band zum Geburtstag geschenkt, die ich bis dahin noch nicht kannte. Mittlerweile höre ich die rauf und runter und denke noch gerne an den Abend zurück, auch wenn er schon wieder ein paar Monate her ist. Zusammen kochen, ins Konzert oder Theater gehen, eine persönliche Stadtführung, ein gemeinsamer Fotoanguck-Abend. Für mich ist das viel wertvoller, als noch mehr Kram im Regal!
Einige Anregungen für geschenkte Zeit und selbstgemachte Geschenke findest du in der akutellen Ausgabe „genießen“ des KLUB MAGAZINs.