Was bedeutet „zulassen“ eigentlich? Hat es es etwas damit zu tun, Kontrolle abzugeben oder Kontrolle zu haben? Welche Bedeutungen man Worten beimisst, ist oft ganz persönlich. Beim KLUB DIALOG #42 haben wir von fünf verschiedenen Bühnengästen erfahren, was für sie im Beruf oder in der Ausbildung „zulassen“ bedeutet. Frank Schomburg, Geschäftsführer der nextpractice GmbH, erzählte von der Generation Y. Davon, dass die Menschen, die zwischen 1980 und 1999 geboren wurden, gar nicht so faul und unentschlossen seien, wie ihr Ruf ihr vorauseilt. Die Generation Y ist also in 50% agil und 50% nicht agil einzuteilen.
Doch ist das wirklich so? Um dieser These auf den Grund zu gehen, habe ich drei Studentinnen der Universität Bremen zum Thema familiäre und finanzielle Sicherheit, Abwechslung und berufliche Zukunft interviewt. Die Namen der Studentinnen habe ich geändert, weil sie in ihren Antworten auch Privates verraten.
Nach Definition prägt die Generation Y ja vor allem eins: Unsicherheit. Ob im Beruflichen oder Privaten, durch instabile Arbeitsmärkte, Terrorismus. Ich bin in akademischen Kreisen aufgewachsen, daher glaube ich fest daran, dass ich durch wirklich gute Ausbildung und genügend Engagement auf dem Arbeitsmarkt bestehen kann. Gerade in der Kreativbranche sollte man sich aber darauf gefasst machen, projektbezogen zu arbeiten. Diese Unstetigkeit macht mir schon ein wenig Angst. Zu Beginn des Studiums habe ich mich daher als recht unentschlossen und orientierungslos gefühlt, aber das mag auch am Alter liegen.
Mehr Gemeinsamkeiten mit der Generation Y sehe ich aber im Verständnis von sozialen Beziehungen. Durch die Anforderungen, die Studium und Beruf mit sich bringen, fällt es mir entgegen dem Vorwurf, die Generation sei „beziehungsunfähig“, überhaupt nicht schwer, einen Partner zu haben und bin bereit, dafür einige Kompromisse in Kauf zu nehmen. Andererseits hat mir die Erfahrung gezeigt, dass unsere Generation – nehmen wir mal den Vergleich zu meinen Eltern, die mit Anfang 20 geheiratet haben – zwischen Bindung und Unverbindlichkeit gespalten ist und wir uns im Zweifel eher für die Unverbindlichkeit entscheiden.
Wenn ich von mir erzählen sollte, hätte ich wahrscheinlich nicht erwähnt, dass ich der Generation Y angehöre. Wenn ich aber über meine Ansichten und Zukunftspläne spreche, sind die Überschneidungen mit den charakteristischen Merkmalen der Generation Y allerdings kaum zu übersehen. Werte wie Freiheit, Unabhängigkeit oder persönliche Entfaltung geistern genauso in meinem Kopf, wie es der Generation Y nachgesagt wird.
Schublade auf, Generation Y hinein, Schublade zu. So direkt nicht. Ich fühle mich in Bezug auf die Flexibilität zugehörig. Insbesondere in meinem kreativen Beruf erhoffe ich mir mehr berufliche Flexibilität. Kreativität auf Knopfdruck ist schwierig zu realisieren.
In beruflicher Hinsicht – schon, ja. Der Gedanke des digitalen Nomadentum reizt mich definitiv, zum Beispiel während längerer Reisen von überall her arbeiten zu dürfen. In der Kreativbranche ist Abwechslung Programm. Ich kann mir daher schon vorstellen, verschiedene Arbeitsweisen auszuprobieren und dabei auch die Vorteile für mich zu nutzen. Andererseits sehne ich mich auch nach Beständigkeit. Abwechslung ist auch viel zu positiv konnotiert, im Grunde wird es immer schwerer, soziale Beziehungen offline und auf lange Sicht aufrecht zu erhalten. Da wünsche ich mir mehr Stabilität zur Abwechslung mal.
Ich lasse nicht nur viel Abwechslung in meinem Leben zu, sondern sorge selbst für stetige Veränderungen in meinem Alltag. Ich probiere ständig neue Hobbies aus, habe mich in den letzten Jahren in vielen Nebenjobs ausprobiert und ziehe regelmäßig um. Sicherheit und Routinen sind etwas, das ich mir in Zukunft definitiv wünsche, aber noch fühle ich mich nicht bereit dafür.
Abwechslung und Veränderung im Leben sind gute Dinge, die auch inspirierend und aufregend sein können. Zu einem gewissen Maß lasse ich gerne Abwechslung zu, Konstanten im Leben finde ich aber auch wichtig, an denen ich mich orientieren kann.
Wenn ich an meine Zukunft denke, dann spielen Kinder und Familie eine wichtige Rolle dabei. Allerdings erst, wenn ich das Gefühl habe dafür bereit zu sein. Bevor ich mich der Familienplanung widme, möchte ich mich noch in vielen Bereichen entdecken und ausprobieren.
Wie viele Studenten weiß ich was finanzielle Unsicherheit heißt. Mehrere Nebenjobs neben dem Studium und trotzdem ist es schwierig, Geld für die großen Träume zu sparen. Das ist manchmal frustrierend und kostet Kraft. Doch es sorgt auch dafür, dass man kreativ bleibt und lernt Prioritäten zu setzen. Und solange ich nur für mich selbst verantwortlich bin, versuche ich mir momentan weniger Sorgen um finanzielle Sicherheit zu machen und genieße die Freiheiten, die ich zur Zeit habe.
Je älter ich werde, desto mehr schätze ich die Familie, die ich bereits habe. Eine eigene Familie zu gründen steht für mich auf der Prioritätenliste daher definitiv nach der finanziellen Sicherheit.
Bisher habe ich persönlich nur mit familiärer Sicherheit Erfahrungen gemacht. Von direkten Freunden habe ich die Belastung zu spüren bekommen, die sie erleben, wenn die Familie zerrüttet ist. Familiäre Sicherheit ist eine Konstante in meinem Leben, auf die ich mich immer berufen kann. Auch in finanzieller Not wird sie für mich da sein. Finanzielle Sicherheit ist mir schon wichtig, aber nicht so sehr wie die in der Familie.
Tough questions. Viel Weitblick kann man sich heute echt nicht leisten, aber die Lebenserwartung steigt ja auch, habe ich gehört. Also kann man sich mit der Familiengründung Zeit lassen. Achtung, Ironie: Wenn wir alle Mitte 40 erst Kinder bekommen, dann sind wir aus dem Gröbsten raus, sind vielleicht beziehungsfähiger und entscheidungsfröhlicher. Rente kommt mit Ende 70 auch erst auf uns zu, gut also, dass man auch auf dem 180-Tage Kreuzfahrtschiff-Cruise ganz komfortabel von unterwegs aus zur mickrigen Rente etwas Kleingeld dazuverdienen kann.
Ich habe schon immer gerne auf Kinder aufgepasst und war als Au Pair im Ausland. Eines Tages hätte ich gerne Kinder. Nicht, damit sie sich später um mich kümmern können, sondern um die bedingungslose Liebe zu erfahren. Hochzeiten finde ich toll, aber eine Heirat muss für mich nicht erzwungen sein. Ich muss nicht auf Teufel komm raus heiraten, wenn es nicht den Richtigen für mich gibt.
Das ist definitiv keine repräsentative Studie. Doch wenn wir die Generation Y nicht über einen Kamm scheren und mal hinter die Fassade gucken, dann kann man sagen, dass sich die Lebensumstände geändert haben, aber der Wille beruflich etwas zu erreichen und sich familiär zu festigen immer noch besteht. Es verschiebt sich eben nur alles etwas nach hinten. Aber darin sollte man keinen Nachteil sehen. Die vielen Optionen können zu einer schweren Entscheidungsfindung führen, aber auch viele Möglichkeiten bieten. Und viele Menschen lassen diese Möglichkeiten zu.