Ob als Backpacker durch Australien, mit dem Zug durch Europa oder als Au-Pair nach Kanada. All das sind Möglichkeiten, die viele Jugendliche nach dem Abitur nutzen. Ein Jahr voller Möglichkeiten, Chancen, aber auch vieler Hürden. Die Kraft des Reisens liegt zum einen in den vielen Erlebnissen, aber auch in den zahlreichen Hindernissen, die man für sich selbst überwindet. Nicht nur Jugendliche nutzen diese Chance nach dem Schulabschluss, sondern auch einige Erwachsene versuchen sich selbst zu orten, indem sie ein Sabbatjahr machen, um zu neuer Stärke zu finden.
Jasmin Fohne ist 19 Jahre alt und kommt aus der Nähe von Bremen. Zurzeit ist sie jedoch einige tausend Kilometer weit weg von ihrem Zuhause. Sie absolviert elf Monate als Au-Pair in Madrid und hat bereits acht Monate davon gemeistert. Dort kümmert sie sich um drei Kinder einer Familie: Sofia, Carmen und Gonzalo. Alle im jüngeren Schulkindalter und extrem quirlig, was für Jasmin einige Herausforderungen mit sich bringt. Außerdem erzählt sie davon, inwiefern sie das Reisen stark gemacht hat und warum das Thema Heimweh immer wieder eine Rolle spielt.
Jasmin, auf welchem Teil deiner Reise befindest du dich gerade?
Ich muss sagen, ich weiß gar nicht so genau, wo ich mich gerade befinde – auf jeden Fall auf der Autobahn. Wenn ich die Schilder hier so angucke, dann weiß ich, dass ich mich irgendwo zwischen Córdoba und Madrid befinde. Gerade bin ich nämlich mit drei Freundinnen auf der Heimreise von einem viertägigen Trip, wo wir uns einige Städte angeguckt haben. Neben Córdoba auch noch die Städte Sevilla und Granada. Die Freundinnen habe ich während meines Aufenthaltes kennengelernt und sie arbeiten auch als Au-Pair in Madrid.
Wie hast du die bisherige Zeit erlebt?
Ich würde sagen, das ist eine der besten Entscheidungen, die ich jemals getroffen habe. Jederzeit würde ich diese wieder treffen und auch wieder nach Spanien gehen. Es war bisher eine wunderschöne Zeit, in der ich viele neue Leute kennengelernt habe, eine neue Sprache gelernt und viel von dem Land gesehen habe. Der Umgang mit Kindern fällt mir jetzt natürlich auch viel leichter. Aber ob ich nochmal als Au-Pair arbeiten würde? Weiß ich nicht genau, denn es war schon eine große Erfahrung – teilweise aber auch sehr anstrengend.
Man lernt zwangsläufig so viele Sachen dazu (…) im Grossen und Ganzen kann es einen nur bereichern und stärker machen.
Jasmin Fohne, Au Pair
Inwiefern hat es dich stark gemacht?
Körperlich hat es mich in dem Sinne nicht stärker gemacht, aber ich bin auf jeden Fall selbstständiger geworden und gehe insgesamt viel offener auf Menschen zu.
Was sind die Schwächen am Reisen?
Mich stört definitiv das Heimweh. Zweimal hatte ich bis jetzt richtig Heimweh und das war schon nicht einfach für mich, weil man das Zuhause, die Familie und die Freunde sehr vermisst. Ich versuche mich aber abzulenken und unternehme sehr viel mit neu gewonnen Freunden, gehe gerne zum Sport und telefoniere fast täglich mit meinen Eltern und Freunden. Mir tut der Kontakt nach Hause sehr gut und dann geht es mir häufig wieder besser.
Kann man aus diesen Schwächen auch mit der Zeit Stärken machen?
Ja, das würde ich schon sagen. Wenn man einmal so richtig damit umgehen kann, macht einen das schon stärker. Im Januar hatte ich einmal so richtig Heimweh und als ich das überwunden habe, ging es mir auf einmal viel besser. Ab diesem Zeitpunkt habe ich mein Auslandsjahr nochmal ganz anders wahrgenommen. Ich habe mich richtig wohl gefühlt und empfand es ab da als ein Stück Heimat.
Was hast du denn bisher schon so erlebt?
Richtig gerne erinnere ich mich zurück an das Konzert von Álvaro Soler, bei dem ich im Februar mit meinen Freundinnen war und das war richtig toll. Letztes Jahr war ich in Valencia – das war eine tolle Erfahrung. Sehr genossen habe ich auch die Phasen, wo mich meine Familie, mein Freund und meine Freundinnen hier besucht haben. Es war toll, ihnen das ganze Leben hier zu zeigen! Als Au-Pair stehe ich meist um sechs auf und mache das Frühstück für die Kinder und die Familie. Dann sorge ich dafür, dass die Kinder fertiggemacht in die Schule kommen und ab da habe ich frei. Am Vormittag besuche ich die Sprachschule und bis die Kinder um 17 Uhr wiederkommen habe ich Freizeit. Dann beginnt jedoch wieder die Action, denn wir machen Hausaufgaben oder spielen etwas. Später gehe ich mit ihnen duschen oder baden und bereite das Essen vor, was häufig ein Kampf ist und über eine Stunde dauert. Nach 22 Uhr schlafen die Kinder und ich mache die Küche sauber, bevor ich selbst schlafen gehe.
Welche Art des Reisens würdest du empfehlen?
Die Art als Au-Pair zu reisen ist schon eine große Erfahrung, da man in einer Familie wohnt und so die Gepflogenheiten, die Kultur und allgemein die Lebensweise mitbekommt. Zwischendurch hat man immer mal wieder ein verlängertes Wochenende, wo man unterschiedliche Plätze bereisen kann. Mit dem Rucksack zu reisen könnte ich mir auch vorstellen, aber nur für einen Monat oder so. Manche machen das ja auch für ein halbes oder ganzes Jahr. Das wäre nichts für mich, schon aus hygienischen Gründen, und weil man nie weiß, wo man unterkommt. Pauschaltourismus würde ich nach wie vor noch machen, aber viel lieber ist mir diese offene Art zu reisen geworden – lieber zehn Tage an vielen verschiedenen Orten sein, als nur am Strand zu liegen.
Sage uns in einem Satz, warum wir alle mal wieder den Koffer packen und verreisen sollten?
Ganz einfach, weil Reisen eine der schönsten Sachen ist, die man machen kann. Man lernt zwangsläufig so viele Sachen dazu – neue Kulturen, neue Menschen, vielleicht sogar eine neue Sprache. Im Großen und Ganzen kann es einen nur bereichern und stärker machen.