2001 gründeten Nicolaj Armbrust und Sebastian Mastalka direkt nach dem Studium ihr erstes eigenes Unternehmen Traum-Ferienwohnungen. Heute beschäftigen sie 130 Mitarbeiter. Ihre Idee: Privatmieter und Urlauber persönlich und ohne Umwege zusammenbringen. Auf der Online-Plattform können Vermieter ihre Traum-Ferienwohnungen anbieten und Urlauber diese finden. Im Interview verrieten sie Wiebke Bolle, was hinter ihrer besonderen Unternehmenskultur steckt.
Vom Homeoffice zum erfolgreichen Unternehmen — gibts da Tipps von euch?
Sebastian Mastalka: Zuerst nicht zu viel schnacken, sondern einfach machen! Das bedeutet vor allem den eigenen Schweinehund zu überwinden, denn der hält uns meist von den besten Ideen ab. Bevor wir wirklich loslegen, neigen wir dazu etliche Excel-Tabellen, Marktstudien und Businesspläne aufzustellen. Doch eigentlich verstecken wir uns dahinter und suchen nach Gründen, gar nicht erst anzufangen.
Nicolaj Armbrust: Außerdem muss man echte Probleme finden und versuchen, diese mit seiner Geschäftsidee zu lösen. Und damit meine ich keine hippen Szene-Erscheinungen, die plötzlich Trend sind. Dann sollte man im nächsten Schritt überlegen, wie man diese Probleme löst und dazu gehört auch einzusehen, dass man gewisse Dinge vielleicht nicht kann. Hier ist es an der Zeit, sich kompetente Leute ins Boot zu holen.
Ihr seid beide Geschäftsführer, gibt es trotzdem eine Aufgabenteilung in bestimmten Bereichen? Wer macht was?
Nicolaj Armbrust: Ich bin von Beginn an eher für den Marketing- und PR-Bereich sowie das Produkt von Traum-Ferienwohnungen zuständig. Dazu gehört auch die Webseite. Das ist, was mir am besten liegt! Dafür stelle ich auch langfristigere Konzepte im Zeitraum von mehreren Jahren auf.
Sebastian Mastalka: Dagegen sind sowas wie Aktienkurse total mein Ding! Die schaue ich mir gern auch mal im Ski-Urlaub an (lacht). Ich befasse mich also mit dem Management. Aus meinem BWL-Studium habe ich dafür die nötigen Kenntnisse. Ich bin wohl der Mann für Zahlen, also alles rund um Personal, Sales oder Support. Dabei kann es mir meistens nicht schnell genug gehen, jahrelange Projekte widerstreben mir.
Unser Motto bei Traum-Ferienwohnungen lautet: „Culture wins!“
Nicolaj Armbrust
Bei Traum-Ferienwohnungen gibt es keine Hierarchien, keine Fachabteilungen, stattdessen crossfunktionale, selbstorganisierte Teams — „damit alle Mensch bleiben dürfen“, wie ihr sagt. Wie wird das genau umgesetzt?
Nicolaj Armbrust: Das ganze läuft in purer Selbstorganisation! Es gibt ausschließlich kleine Teams, die eng miteinander verbunden sind und untereinander im ständigen Austausch stehen. Hier trifft der Programmierer auf den Marketer und den Supporter. Wichtig ist, dass am Anfang klare Aufgabenbereiche zugeteilt werden, sonst herrscht Chaos. Transparenz, Kommunikation und klare Rahmenbedingungen, sowie ein gemeinsames Ziel sind die Basis.
Sebastian Mastalka: All diese Dinge schaffen ein gemeinsames Verständnis innerhalb des Unternehmens. Natürlich ist aber auch wichtig, dass in unserem Team hauptsächlich Unternehmertypen mit großer Motivation tätig sind. Daneben darf man bei uns auch nicht gerade Konfliktscheu sein. Probleme sollten offen angesprochen und Entscheidungen gemeinsam, ohne Angst davor getroffen werden.
Wie kamt ihr auf die Idee, typische Firmenstrukturen umzustellen?
Nicolaj Armbrust: In der Zeit, in der es bei uns möglicherweise am besten lief und wir unglaublich gewachsen sind, hatten wir einfach kein gutes Gefühl mehr. Das persönliche Miteinander fehlte plötzlich. Wir dachten erst, das liege in der Natur der Sache: ein großes Unternehmen könne vielleicht nicht mehr in hohem Maße persönlich sein. Doch wir kannten es von unseren Anfängen anders: agile Kollegen, die keine Scheu kannten. Die Lösung lautete also, wieder enger zusammenzurücken, um dynamischer agieren zu können. Zuerst stellten wir die Teams um, lösten die Abteilungen auf und setzten schließlich auch die Abteilungsleiter ab.
Wie steht ihr den ganz Großen der Branche gegenüber? Könnt ihr euch gegen Konkurrenten wie „Airbnb“ behaupten?
Sebastian Mastalka: Der Ferienwohnungsmarkt ist doch riesig! Es gibt genug Wohnungen und wir setzen auf andere Kompetenzen und Kundenkreise. Persönliche Verbindungen stehen bei uns im Zentrum und so hat uns noch nie ein Anbieter wegen der Konkurrenz verlassen. Wir bieten viel in Tourismus- und Erholungsregionen an, die besonders Familien mit Kindern ansprechen. Im Gegenteil, Plattformen wie Airbnb sind sogar eine Hilfe, weil sie unser Konzept populär machen. Ferienwohnungen sind plötzlich hip und werden auch von jungen Leuten immer häufiger gebucht. Wir verfolgen den Ansatz, sich in der Branche gegenseitigen zu respektieren.
Nicolaj Armbrust: Wir haben uns immer als den kleinen David gegen den Giganten Goliat gesehen und versuchen auch weiterhin diese Position erfolgreich zu verteidigen. Vor großen Marketing- Budgets haben wir ohnehin keine Angst, da wir hier nie viel investiert haben. Word-of- Mouth und SEO zählen vorrangig zu unseren Strategien. Trotzdem macht es Spaß, sich auch mal als ‚angreifendes‘ Team zu verstehen: So haben wir einmal, am Jahr der Eroberung Amerikas orientiert, den Preis auf 14,92 Euro gesenkt.
Stichwort ‚Unternehmenskultur‘ — was bedeutet das für euch?
Nicolaj Armbrust: Eine Kultur basiert für mich auf gegenseitiger Ehrlichkeit. Auch Teams in einem Unternehmen sind von einer gemeinsamen Kultur geprägt. Unser Motto bei Traum-Ferienwohnungen lautet: „Culture wins“. Nähe ist dabei ein wesentlicher Faktor. Unsere Mitarbeiter sollen alle Themen frei ansprechen dürfen. Oft haben wir Menschen Angst vor der Wahrheit, doch Kritik muss nicht zwangsläufig böse gemeint sein, sondern ist der einzige Weg, um gemeinsam zur besten Lösung zu gelangen. Und das ist letztendlich auch die beste Lösung für unsere Kunden.
Verbundenheit und ein einheitliches Ziel sind die Grundbausteine. Unsere Mitarbeiter sind unsere Freunde.
Sebastian Mastalka
Warum ist es eurer Meinung nach wichtig, eine harmonische Unternehmenskultur zu pflegen?
Sebastian Mastalka: Man sollte doch mit Leidenschaft hinter seiner Arbeit stehen und nicht etwa nur zum Kühlschrank vollmachen vorbei kommen. Verbundenheit und ein einheitliches Ziel sind die Grundbausteine. Unsere Mitarbeiter sind unsere Freunde. Viele fragen uns, ob das eine Gefahr darstellt. Wir denken aber, dass Missgunst, Konkurrenzdenken und Disharmonie nicht produktiv sind. Vor allem machen sie nicht glücklich.
Was wünscht ihr euch für euer Unternehmen für die Zukunft?
Sebastian Mastalka: Unsere Idealvorstellung ist es, dass alles einmal von alleine läuft! Traum-Ferienwohnungen war die letzten 17 Jahren wie ein eigenes Kind für uns. Wir haben das Unternehmen groß gezogen und das war manchmal unglaublich anstrengend. Wir arbeiten seitdem quasi rund um die Uhr. Doch irgendwann muss das Kind erwachsen werden — der Organismus soll selbstständig weiterlaufen. Wir möchten uns auf lange Sicht mehr Freiräume schaffen. Außerdem war es für uns ein Traum, etwas Beständiges im schnelllebigen Internet zu kreieren. Die durchschnittliche Lebensdauer von Web-Unternehmen haben wir bereits überschritten. Das macht uns sehr stolz.
Warum sollte man gerade in Bremen gründen?
Nicolaj Armbrust: Wenn ich an Berlin denke, sind die Mieten vergleichsweise teuer, die Arbeitszeiten unzumutbar und die Mitarbeiter sprunghaft. In Hamburg ist die Start-up Szene zwar fancy und es gibt womöglich mehr Kapital, doch im Fokus steht auch dort: sehen und gesehen werden. Bremer sind da etwas bodenständiger und möchten vorrangig Probleme lösen. Sie sind kundenorientiert und über Jahre hinweg treue Mitarbeiter. Und in Bremen haben wir die Anfänge von erfolgreichen Businessideen im Internet mitgestaltet.