Wie es ist, Influencer in Bremen zu sein – KLUB DIALOG

Wie es ist, Influencer in Bremen zu sein

Wiebke Bolle hat mit der Influencerin "hannahliza" gesprochen

Hannah hat mehr als 60.500 Follower bei Instagram und gilt damit als ‚Influencerin‘, also eine Mikroprominente die über Social Media aus ihrem Lebensalltag erzählt. Über ihre Online-Präsenz erreicht sie täglich eine Vielzahl an jungen Menschen. Und dabei kommt sie nicht etwa aus LA oder Berlin, sondern aus Bremen.

Foto: Hannahaliza www.instagram.com/hannahliza

Trendig-lässige Outfits, urbane Kulissen, ansprechende Foodspots und romantische Reiseimpressionen — so präsentiert sich Hannah auf ihrem Instagram-Profil. „hannahliza“ – eine Kombination aus ihren beiden Vornamen – nennt sich die 23-Jährige dort. Hannah verdient einen Teil ihres Lebensunterhalts als Influencerin, das bedeutet dass sie ihre Fans rund um die Uhr auf dem Laufenden über sich, ihr Leben und neue Trends hält. Als Kreativschaffende setzt sie ihre Inhalte in ansprechenden Darstellungen um. Es gehört auch zum Job, mit Marken und Unternehmen zu kooperieren und diese auf ihren Online- Kanälen zu bewerben. Aktuell wird jedoch heiß darüber diskutiert, ob Influencer diese Produktplatzierungen genügend transparent machen und inwieweit sie die Kaufentscheidung ihrer Follower damit beeinflussen. „Ich möchte weder die Mode, noch meine Follower beeinflussen, sondern viel mehr Anregung und Inspiration mit meinen Outfit-Kombination geben. Es macht mir einfach Riesenspaß, Menschen mit meiner Mode zu inspirieren. Aber natürlich ist die Reichweite auch attraktiv für Modeunternehmen“, erklärt sie.

Mode spielte im Leben der gebürtigen Bremerin seit sie denken kann eine große Rolle. Schon als Kind liebte sie es Kleidungsstücke zu kombinieren und sich damit selbst auszudrücken. Nun konnte sie diese Leidenschaft zu ihrem Beruf machen. In Hamburg studierte die Bremerin Modejournalismus und las in dieser Zeit begeistert Modeblogs. Selbst einen schreiben, wollte sie nicht. „Ich dachte, ich habe den richtigen Zeitpunkt verpasst“, sagt sie rückblickend. Als Instagram aufkam, nutzte sie diese Plattform zunächst als Ersatz. Seit dem Jahr 2016 betreibt sie jedoch auch einen eigenen Blog, auf dem sie ihre Looks präsentiert. Instagram war für sie der Beginn ihrer Influencer Tätigkeit – und zugleich ihr Start ins Berufsleben: Neben dem Bloggen arbeitet sie heute als Fashion Stylistin für eine große Bremer E-Commerce Agentur sowie als persönliche Stylistin bei einem Online-Shop für Mode.

MARKETING MIT INFLUENCERN

Influencer Marketing in sozialen Medien zählt zu den neusten Werbestrategien der Unternehmen und Marken. Das liegt nicht nur an der steigenden Zahl von Nutzern: Influencer wirken im Gegensatz zu klassischer Werbung authentischer auf die Zielgruppe. DM-Marketingleiter Christoph Werner äußerte sich kürzlich zu einer Influencer-Kampagne des Konzerns: „Diese Influencer verstehen es mit ihrem Publikum einen Dialog auf Augenhöhe zu führen, der ihnen eine ungeheure Glaubwürdigkeit in der Zielgruppe verschafft“ (Campillo-Lundbeck, 2016). Blogger werden so zu Werbeträgern – und sind dabei meinst auch noch günstiger für die Unternehmen. Auch Hannah teilt diese Ansicht: „Ich denke, ein besseres Marketing für Modefirmen gibt es aktuell nicht“, sagt sie.

Allerdings kann sich diese Marketing-Strategie auch schnell als großer Reinfall für die Unternehmen entpuppen, wie die neuste Influencer-Kooperation des Waschmittelherstellers Coral zeigte. Denn die Kampagne #coraliebtdeinekleidung wirkte auf die Follower so gar nicht authentisch. Die angeheuerten Social-Media-Sternchen inszenierten sich mit der Waschmittelflasche in absurden, aberwitzigen Situationen.

Worauf muss man also achten? Bei qualitativem Influencer Marketing sollte man laut Hannah im Blick behalten, dass der ausgewählte Influencer die Zielgruppe des Unternehmens tatsächlich anspricht und zur Marke passt. Authentische Beiträge mit Mehrwert für die User und Storytelling-Charakter kommen immer noch am besten an. Außerdem sei weniger hier oft mehr, denn zu viele bezahlte Beiträge wirken wie eine Dauerschleife von Werbung und Produktplatzierung.

KOOPERATIONEN

Wegen ihres Bekanntheitsgrades erhält Hannah inzwischen Anfragen von Unternehmen, ohne dass sie etwas dafür tun muss. „Umso größer die Reichweite, also Follower-Zahl in den Sozialen Netzwerken, desto interessanter wirst du auf dem Markt“, berichtet sie. Allerdings nimmt sie nicht jedes Angebot auch an: Wird sie per Mail oder Direktnachricht über Instagram für eine mögliche Kooperation angefragt, informiert sie sich über die Firma und entscheidet, ob diese zu ihrem Profil passt. Hochwertige Mode- oder Lifestyle-Produkte entsprechen ihrem Themenbereich. Dagegen würde sie beispielsweise keine Proteinshakes oder Babybekleidung bewerben. Nimmt Hannah einen Auftrag an, bespricht sie mit dem Unternehmen das Konzept und die Termine für ihre kreativen Darstellungen. Dabei unterscheidet sie zwei Arten von Kooperationen: Für „Gift-picture Posts“ stellt das Unternehmen ihr nur das Produkt. Und Für „Paid Posts“ bekommt sie ein zusätzliches Honorar gezahlt.

Arbeitete die Bremerin anfangs noch mit kleineren Start Ups, zählen mittlerweile international bekannte Marken zu ihren Partnern. Für ein Uhren-Label ist sie aktuell sogar Markenbotschafterin. Diese enge Form von Zusammenarbeit wirft die Frage auf, inwieweit Influencer durch die zahlenden Unternehmen selbst beeinflussbar sind. Es wird öffentlich kritisiert, dass die ‚Beeinflusser‘ nahezu für alles werben und stets auf Profit aus seien, ohne hinter dem Produkt zu stehen. Dazu werden die Werbeanzeigen häufig nicht ausreichend kenntlich gemacht.

„Karl-Nikolaus Peifer, Direktor des Instituts für Medienrecht und Kommunikationsrecht der Universität Köln, sagte kürzlich in der FAZ, es müsse hier insgesamt eine deutlichere Kennzeichnung erfolgen.“ Englische Abkürzungen wie ,Collab‘ würden vielleicht Produktplazierung, nicht aber die Tätigkeit als Verkaufshelferin für Produkte rechtfertigen. Aus Hannahs Sicht hat sich ihr Blog mit den gesponserten Postings aber nicht verändert. Doch sie betont: „Ich finde es teilweise fragwürdig, was einige Blogger für Kooperation annehmen. Manche Produkte passen eindeutig nicht in das eigene Portfolio oder es werden innerhalb von kürzester Zeit Konkurrenzmarken beworben“.

ALLES ANDERE ALS EIN LEICHTER JOB

Ob sie selbst von ihren Einannahmen als Influencerin leben kann? „Es war nie mein Ziel, meinen kompletten Lebensunterhalt damit zu verdienen“, sagt Hannah. Auch mit den Klischees des scheinbar reizvollen Traumjobs räumt sie auf: „Ich gehe meistens ausgiebig frühstücken, dann shoppen, checke Mails und Instagram, treffe mich zum Lunch und besuche Events! — Nee Spaß!“ Neben ihrer Vollzeitstelle bleiben meist nur die Mittagspausen, Feierabende und Wochenenden für das Posten übrig. „Von täglichen Essensverabredungen und Shoppingtouren sowie ständigen Reisen um die Welt bin ich noch weit entfernt.“ Natürlich sehe ihr Feed manchmal danach aus, räumt sie ein. Aber der bildet eben auch nur die schönen Ereignisse für die Community ab. Dass die 23-Jährige in Bremen wohnt, ist aus ihrer Sicht kein Problem. Im Gegenteil: „In Bremen gibt es bislang nur wenige Influencer und Blogger. In den Metropolen sticht man aus der gewaltigen Masse dagegen nur schwer heraus.“ Und dank des Internets ist der Standort sowieso eher zweitrangig. „Von Bremen kann ich schließlich genauso gut in die Welt posten.“

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