Wie organisieren Künstler ihr kreatives Tun, wenn sie internationale Grenzen überschreiten müssen? Plötzlich tauchen Fragen nach Zöllen, Ausländersteuern oder Versicherungen auf. touring artists unterstützt international arbeitende Künstler. Projektorganisatorin Christine Heemsoth schreibt in ihrem Gastbeitrag für das KLUB MAGAZIN, wie grenzüberschreitendes Arbeiten gelingen kann.
„Künstlerisches und kreatives Schaffen geht mit grenzüberschreitendem Arbeiten oft Hand in Hand. Dabei ergeben sich für die Akteure vielfältige praktische Fragen. Sie kommen schnell mit Gesetzen und Verwaltungsverfahren in Berührung, unter Umständen treten auch organisatorische Hindernisse auf, bspw. zu sozialrechtlichen, steuerlichen oder versicherungsrelevanten Themen.
Wo muss die in Deutschland ansässige Tänzerin, die bei einer dreimonatigen Produktion in Belgien mitwirkt, die Einkommensteuer auf die Gage abführen? Wie sieht die Rechnung aus, die der italienische Bildhauer dem Käufer in Deutschland stellt? Hat er die Umsatzsteuer an seinem Wohnsitz in Italien abzuführen oder ist der Umsatz in Deutschland steuerpflichtig? Was muss hinsichtlich der Zollformalitäten beachtet werden, wenn die in der Schweiz ansässige Theaterkompanie ihr Bühnenbild nach Deutschland transportiert?
Seit April 2013 finden sich Antworten auf Fragen rund um das grenzüberschreitende Arbeiten und die internationale Mobilität bei touring artists – ein Projekt der Internationalen Gesellschaft der Bildenden Künste (IGBK) und des Internationalen Theaterinstituts Deutschland (ITI), initiiert und gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM).
Das Themenspektrum umfasst die Bereiche Visa und Aufenthalt, Künstlerstatus und Verträge, Transport und Zoll, Steuern, Sozialversicherung, andere Versicherungen sowie Urheberrecht. Die Themen wurden zunächst systematisch für die beiden Sparten Darstellende und Bildende Kunst aufgearbeitet und werden zurzeit auf den Musikbereich erweitert. Weitere Bereiche des Kultur- und Kreativsektors werden folgen, zumal viele der erläuterten Belange spartenunabhängig relevant sind. Entsprechend breit wird das Angebot bereits genutzt. Angesprochen sind in Deutschland lebende Kunstschaffende, die temporär im Ausland arbeiten, genauso wie ausländische Künstler*innen und Kreative, die für eine begrenzte Zeit zum Arbeiten nach Deutschland kommen. Ebenso ist die Perspektive von in Deutschland ansässigen Veranstalterinnen und Veranstaltern berücksichtigt, die mit internationalen Kolleginnen und Kollegen zusammen arbeiten.
Das Portal bietet einen fundierten Einstieg in die genannten Themen. Dabei liegt der Schwerpunkt auf den Gesetzen und Verwaltungsverfahren in Deutschland: Rechtliche und administrative Fragen werden verständlich beantwortet, die oftmals komplexen Sachverhalte wurden für die User ‚übersetzt‘ und anhand vieler Fallbeispiele aus dem Arbeitsalltag für den täglichen Gebrauch nutzbar gemacht. Darüber hinaus helfen Checklisten und Verweise auf weiterführende Lektüre, auf Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner sowie zuständige Stellen in den relevanten Verwaltungen weiter.
Ergänzend bietet das Portal ein umfassendes Glossar, eine Sammlung weiterführender Infoportale, einen Wegweiser in die Welt der internationalen Künstlerresidenzen sowie ein Mapping von Mobilität unterstützenden Förderprogrammen in Deutschland. Die gesamten Informationen werden in deutscher und englischer Sprache zur Verfügung gestellt.
Das Angebot basiert auf einer umfassenden Recherche zum Informationsbedarf der Zielgruppen; die enge Anbindung an die Kulturakteure ist das A und O für die Bereitstellung eines für den Einzelnen effektiven Tools. touring artists arbeitet mit Expertinnen und Experten der jeweiligen Themengebiete zusammen und lässt die Inhalte von den zuständigen Fachministerien bzw. Verwaltungen prüfen, um die Richtigkeit der Informationen sicherzustellen.
Zurzeit werden zusätzlich spezifische Informationen für Künstlerinnen und Künstler sowie Kulturschaffende aus der Türkei, die sich in Deutschland aufhalten, erarbeitet. Diese werden auch auf Türkisch bereitgestellt.
Wer bei sehr komplexen Einzelfragen an Grenzen stößt, hat darüber hinaus die Möglichkeit, das kostenfreie touring artists Beratungsangebot zu nutzen. Der Service ist eine Kooperation mit SMartDe – Netzwerk für Kreative e.V. Beratungen zu internationalen Projekten und Arbeitsaufenthalten im Ausland bzw. zu Aufenthalten und Projekten ausländischer Akteure in Deutschland werden bei SMartDe vor Ort in Berlin angeboten (Mehr zu SMartDE ›hier‹ im KLUB MAGAZIN ›verdienen‹). Genauso sind Telefontermine möglich oder die Klärung von individuellen Fragen per E-Mail. Kontakte und Informationen zur Terminvergabe finden sich hier.
Erwähnt sei außerdem, dass touring artists gut eingebunden ist in ein Netzwerk europäischer Organisationen, die Kunst- und Kulturschaffenden Informationen zur Verfügung stellen und damit das grenzüberschreitende Arbeiten erleichtern. Mit den Partnerorganisationen, wie bspw. MobiCulture in Frankreich, Cultuurloket in Belgien oder dem Mobility Info Point von DutchCulture in den Niederlanden, können auf kurzem Wege Informationen ausgetauscht oder spezielle Sachverhalte geklärt werden. Diese Verknüpfungen zu systematisieren und auszubauen ist ein Anliegen des Sektors und wird auch seitens der Europäischen Union (zumindest ideell) unterstützt.“
Mehr zum Thema ‚Internationale Mobilität und EU Kulturpolitik‘ kann auf www.touring-artists.info nachgelesen werden. Einen reichhaltigen Fundus rund um die internationale Mobilität bietet auch On the Move. The Cultural Mobility Information Network.