Werken – KLUB DIALOG

Werken

Zurück zur Sinnlichkeit? - Kolumne
von  Anja Rose

Mit Herz und Hand – oder so. Heißt es doch, wenn man vom Handwerk spricht. Da schwingt auch immer gleich irgendwie die Sehnsucht nach dem Sinnlichen mit, finde ich. Weil man ja in unserer digitalen Welt die Hände nur noch so ein bisschen gebraucht. Mehr den Kopf und die Augen. Und den Hintern zum Draufrumsitzen. Aber wenn man werkelt. Schmieden, Schnitzen, Schmutz und Schwitzen … Wir haben ja alle schon mal geheimwerkelt. Den IKEA-Schrank zusammengezimmert, ein Loch in die Wand gebohrt, das Wohnzimmer gestrichen. Macht Spaß, oder? Da merkt man jeden Muskel, vor allem die, von denen man gar nicht wusste, dass man sie hat, und am Abend sieht man, dass man am Tage ordentlich was geschafft hat. Das ist so befriedigend! Nicht so wie im Büro am Schreibtisch, wo höchstens die Datenmenge wächst oder der Drucker rattert. Nein. Mit dem Werkzeug in der Hand fühlt man sich irgendwie nützlich. Tatkräftig, wahrhaftig und wirksam! Der Mensch als Schöpfer.

Naja, so echtes, wirkliches Handwerk, das ist was anderes. Glaube ich. Vielleicht sogar ein Job wie jeder andere. Ganz unromantisch wahrscheinlich. Der Hammer fällt einem auf den Fuß, das Holz splittert, das Türblatt passt nicht in die Zarge und bei der Klarinette wurde ein Stück zuviel abgeschliffen und der Ton ist im Eimer. Da ist man am Computer natürlich besser dran. Shift + Z, alles zurück und noch mal neu. Da passiert gar nix, wenn man mal Fehler macht. Aber wenn man ein Stückchen zu viel absägt, Ohweiohwei!, dann ist es futsch. Da hilft kein Kleben und Jammern.

Aber irgendwie verlockt und bezaubert es ja doch. Das analoge Tun. Das verwendete Material lebt. Holz knarrzt, Metall glüht, Fell sträubt sich … und das Beste: Es duftet so gut! Wenn der Geruch von frisch Gesägtem in der Luft liegt, es nach Öl und Farbe riecht, Späne fliegen, Funken sprühen, wenn die Hände werken, kann der Geist auf Reisen gehen. Klingt herrlich. Klar, manchmal ist es mühsam, aber wer nicht bloß werkelt, sondern sein Tun versteht und beherrscht, dem geht das leicht von der Hand.

Nicht von ungefähr erfreut sich das Handwerken wieder steigender Beliebtheit. „Craft“ liest man jetzt allenthalben. Was nicht verwunderlich ist in einer Welt, in der das Sinnliche vor dem Computerbildschirm verendet und die Hände kein bisschen verschmiert auf der Tastatur liegen. Aber ist das jetzt Rückbesinnung oder Neuerfindung? Ob das mit dem Gold noch so ist? Klappern gehört heute sicher auch noch zum Handwerk ….

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